Es gibt vier Schlüsselwörter, die ein Trauma definieren.
- Überwältigung
- Hilflosigkeit
- Lebensbedrohung
- Spaltung
Jedes Ereignis, bei dem die Erfahrung eines Menschen all diese Kriterien erfüllt, ist ein Trauma. Hierbei ist das jeweilige Alter entscheidend, denn als kleines Kind befinde ich mich in großer Abhängigkeit und habe nicht den Handlungsspielraum, den ich als Erwachsener habe. Bei einem Trauma kommt es zur Spaltung in ein:
Traumatisiertes Ich
Dieses speichert in sich die traumatische Erinnerung und Erfahrung und die entsprechenden Gefühle. Es ist ab dem Zeitpunkt des Traumas in seiner Entwicklung blockiert, sucht aber ständig nach Möglichkeiten, ins Bewusstsein zu gelangen, um sich auszudrücken und auf diesem Weg die Traumasituation abzuschließen.
Ueberlebens-Ich
Dieses bewacht und festigt die Grenzen der Spaltung und entwickelt zu diesem Zweck komplexe Strategien, wie Vermeidung, Ablenkung, Kontrolle, Süchte. Es fehlt ihm an Mitgefühl für sich und andere, es schafft und erhält sich Illusionen und Täuschungen, es ist häufig verwirrt und kann keine klaren und guten Entscheidungen treffen.
Gesundes Ich
Dieses sehnt sich nach Ganzheit, d. h. die Integration von den abgespaltenen Anteilen, da es weiß, das etwas fehlt. Es versucht sich zu heilen indem es sich Hilfe sucht. Das „Gesunde Ich“ kann klar denken, trifft gute Entscheidungen, ist zuversichtlich und selbstbewusst, ist selbstverantwortlich. Begehren jeglicher Art und Verhalten sind angemessen. Es kann sich gut an Ereignisse aus seiner Vergangenheit erinnern.
Nach einem Trauma haben wir weiterhin Zugang zu unserem gesunden Selbst, solange wir uns sicher fühlen. Erinnert uns eine Situation unbewusst, dies können z. B. sensorische Reize sein, wie Geruch, Geräusch, Bild, Geschmack, Berührung, an unser Trauma und aktiviert die ursprünglichen Gefühle, ( man nennt das >> Triggern<<) übernimmt unser Überlebens-Ich die Regie. Es ist wichtig zu verstehen, dass unser Trauma schon durch geringfügige Anlässe, die uns nicht bewusst sind, getriggert werden kann. Das Trauma-Ich ist in der Verdrängung gefangen und sucht ständig nach Gelegenheiten sich auszudrücken, z.B. über körperliche und psychische Symptome.
Traumata, die durch Naturereignisse wie Erdbeben, Überflutung, Orkan entstanden sind, können wir besser verarbeiten, da wir wissen, dass niemandem ein Vorwurf zu machen ist, da diese Ereignisse Teil unseres Lebens sind. Auch fühlen wir uns oft anderen, die ähnliches erlebt haben, verbunden und nah, was schon zur Verarbeitung beiträgt. Wenn wir jedoch vor solch einem Naturereignis Traumata erlitten haben, erschwert dies die Verarbeitung, denn jedes mal, wenn wir ein Trauma erleben, werden wir anfälliger für das nächste. Eine traumatische Erfahrung bewirkt oft eine Reaktivierung bereits früher erlittener Traumata.
Traumata, die wir durch andere Menschen verursacht erleben, sind für uns meistens viel schwerer zu verarbeiten. Hierbei spielen zwei Kriterien eine große Rolle, die Absicht und die Nähe. Wird eine Tat als beabsichtigt oder versehentlich wahrgenommen und ist der/die Täter*in uns bekannt. Je enger die Bindung und vorsätzliche Verletzungen,desto schockierender und verheerender sind die Folgen.
Quelle: Zurück in mein Ich
Das kleine Handbuch zur Traumaheilung von Vivian Broughton